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Medienvertrauen & Medienskepsis
Die kritische Auseinandersetzung mit Medien hat eine lange Tradition. In Demokratien spielen Medien eine zentrale Rolle: Sie fungieren als Vierte Gewalt und kontrollieren staatliche Institutionen. Gleichzeitig sind sie aber auch selbst Gegenstand kritischer Betrachtung.
Skepsis bzw. eine kritische Einstellung zu Medien kann als Teil einer reflektierten Haltung gegenüber gesellschaftlichen Institutionen verstanden werden – ein Merkmal funktionierender Demokratien, in denen Bürger die Freiheit haben, (staatliche) Institutionen zu hinterfragen.
„Eine skeptische oder misstrauische Haltung gegenüber Medien lässt sich auch als Ausdruck einer kritischen Haltung gegenüber gesellschaftlichen Institutionen interpretieren – etwas, was in liberalen Demokratien von Staatsbürgern durchaus erwartet werden kann.“ (Blöbaum 2021, S. 92)
Vertrauen in Medien ist zudem auch deswegen essenziell für demokratische Gesellschaften, weil es die Grundlage für informierte Entscheidungen und gesellschaftlichen Austausch bildet. Studien wie der World Value Survey und die European Value Study zeigen jedoch, dass Vertrauen in Medien nicht einfach konstant vorhanden ist, sondern von verschiedenen Faktoren abhängt. Dabei fällt auf, dass der vielfach postulierte Vertrauensverlust nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen betrifft. Insbesondere besteht ein starker Zusammenhang zwischen Politik- und Medienvertrauen: Menschen, die politische Eliten ablehnen, neigen eher dazu, auch Medien kritisch zu sehen.
Medienskepsis
Als Gegenpol zu Vertrauen wird häufig Misstrauen genannt. Allerdings zeigen Studien, dass Vertrauen und Misstrauen in Medien parallel auftreten können. Blöbaum schlägt deswegen die Einführung des Konzepts „Medienskepsis“ vor.
Medienskepsis beschreibt eine kritische Haltung gegenüber Medien, die nicht zwangsläufig mit generellem Misstrauen einhergeht.
Medienskeptiker:innen finden sich in allen sozialen Gruppen und haben vielfältige GrĂĽnde fĂĽr ihre Haltung. Dazu zählen die selektive Auswahl von Themen durch Medienschaffende, der Eindruck, Medien seien Teil einer gesellschaftlichen Elite, sowie der Vorwurf eines “Erziehungsjournalismus”, der den Eindruck erweckt, dass Journalist:innen eine bestimmte Meinung vorgeben wollen. AuĂźerdem wird häufig kritisiert, dass Medien ihrer Aufgabe, Kritik an Wirtschaft und Politik zu ĂĽben, nicht ausreichend nachkommen.
Ursachen von Medienskepsis
Medienskepsis entwickelt sich häufig schrittweise. Etwa ein Drittel der Befragten nennt konkrete Themen als Auslöser für ihre kritische Haltung, während persönliche Erfahrungen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Dabei bedeutet Skepsis nicht automatisch eine generelle Ablehnung von Medien:
Viele Medienskeptiker:innen meiden journalistische Angebote nicht vollständig, sondern weichen auf alternative Informationsquellen aus.
Dies unterstreicht, dass Medienkritik nicht zwangsläufig mit einer vollständigen Abwendung von journalistischen Inhalten einhergeht.
Ein differenziertes Bild zeigt sich auch in der Haltung der Befragten:
Viele Skeptiker:innen sind ambivalent eingestellt und erkennen beispielsweise institutionelle Zwänge im Journalismus an. Vertrauen und Misstrauen existieren häufig parallel – einzelne Inhalte oder Beiträge werden kritisch betrachtet, ohne dass dies zwangsläufig auf das gesamte Mediensystem übertragen wird.
Konsequenzen fĂĽr Medienschaffende
Diese Ergebnisse zeigen, dass viele Skeptiker:innen nicht unwiderruflich „verloren“ sind. Um das Vertrauen in Medien zu stärken, sind verschiedene Maßnahmen denkbar, zum Beispiel:
- Transparenz: Eine verstärkte Offenlegung journalistischer Prozesse kann das Verständnis und Vertrauen der Nutzer:innen fördern. Wie werden Themen ausgewählt? Welche Quellen werden verwendet? Wie läuft die Recherche ab?
- Interaktion: Mehr Austausch zwischen Medienschaffenden und Nutzer:innen kann dazu beitragen, Distanzen zu überwinden und gegenseitiges Verständnis zu fördern.
- Vielfalt: Eine breitere Repräsentation von Perspektiven und gesellschaftlichen Gruppen kann dazu beitragen, dass sich mehr Menschen von der Berichterstattung angesprochen fühlen.
Medienvertrauen ist kein statischer Wert, sondern wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Konzept der Medienskepsis bietet daher eine gute Möglichkeit, die Beziehung zwischen Medienschaffenden und Nutzer:innen langfristig zu verbessern und das Vertrauen in Medien zu stärken.
Infos & Quellen
Kontext
Medienvertrauen und Medienkompetenz sind eng miteinander verknĂĽpft: Nur wer versteht, wie Medien arbeiten, kann Berichterstattung richtig einordnen und zwischen fundierter Information und gezielter Manipulation unterscheiden. Kritische Mediennutzung bedeutet daher nicht blindes Vertrauen, sondern eine reflektierte, informierte Haltung.
Quellen
Blöbaum, A. 2020. Medienvertrauen und Medienskepsis. Theoretische Grundlagen und empirische Evidenzen. In: Astrid Blome, Tobias Eberwein und Stefanie Averbeck-Lietz (Hrsg.) (2020): Medienvertrauen. Historische und aktuelle Perspektiven. München: De Gruyter.
Hanitzsch, T., Van Dalen, A. und Steindl, N. 2018. Caught in the Nexus: A Comparative and Longitudinal Analysis of Public Trust in the Press. In: The International Journal of Press/Politics, S. 3-23. https://epub.ub.uni-muenchen.de/66257/1/1940161217740695.pdf.