Von Marion Pertschy.

Mit Herbst 2022 wird die digitale Unterschrift der Handy-Signatur durch die digitale Identität ID Austria abgelöst. Gegenüber ihrer Vorgängerin wartet diese mit einer Reihe neuer Funktionen auf.

Digital, direkt und kostenlos – das Erledigen von Behördengängen verlagert sich zunehmend von der physischen in die digitale Welt. Dabei erlauben es digitale Identitätsnachweise wie die im Jahr 2009 eingeführte Handy-Signatur, behördliche Services online zu nutzen. Nun ist die Pionier-Version aber bald passé. Im Herbst 2022 wird sie von der weitaus um-fangreicheren ID Austria abgelöst. Diese wird neben sämtlichen Funktionen von Handy-Signatur und Bürgerkarte eine Reihe neuer Anwendungen beinhalten und EU-weit gültig sein.

VIELE NEUE MÖGLICHKEITEN

Die ID Austria ist Teil des „Digitalen Aktionsplans Austria“ des Finanzministeriums (BMF) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Inneres (BMI). Sie bein-haltet neben den Funktionen der Handy-Signatur etwa die hochsichere digitale Abwicklung von Verwaltungs- und Geschäftsprozessen. Dabei folgt die ID Austria neuesten datenschutzrechtlichen Standards und erfüllt somit auch die höchsten Sicherheitsanforderungen der Europäischen Union. Userinnen und User bestimmen, welche ihrer Daten aus bestehenden elektronischen Verzeichnissen (etwa dem Zentralen Melderegister) ab-gefragt und an Dritte weitergegeben werden.
Unautorisierte Abfragen werden blockiert. Überdies bildet die ID Austria die Grundlage für die in Um-setzung befindliche digitale Plattform „eAusweis“ und zahlreiche weitere Anwendungen. Das bedeutet, dass Nutzerinnen und Nutzer der ID Austria künftig via Smartphone auch auf Personalausweise oder Führer-scheine zugreifen können.

ID AUSTRIA IN DER EUROPÄISCHEN UNION

Im Gegensatz zur Handy-Signatur kann die ID Austria ab 2023 auch für Online-Services von Behörden in an-deren EU-Staaten verwendet werden. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen des gesamt-europäischen Projekts sind in der von allen Mitgliedstaaten unterzeichneten Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS-Verordnung) des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegt. Um ihre ID Austria registrieren zu können, müssen Nutzerinnen und Nutzer das 14. Lebensjahr vollendet haben und ein Smartphone mit Face- oder Touch-ID besitzen.

Um Missbrauch vorzubeugen, erfolgt die Beantragung für im Inland wohnhafte Österreicherinnen und Österreicher durch den einmaligen Gang zur loka-len Passbehörde, einer ermächtigten Gemeinde oder der zuständigen Landespolizeidirektion. Existiert bereits eine Handy-Signatur, kann die ID Austria ab Herbst 2022 auch online über die App „Digitales Amt“ an-gefordert werden. In Zukunft sollen alle Bürgerinnen und Bürger die digitale Identität beim Beantragen eines neuen Reisepasses automatisch erhalten, wenn sie dies nicht ausdrücklich ablehnen. Ausländische Staatsan-gehörige, die im Inland einen Wohnsitz, ein Beschäf-tigungsverhältnis oder einen anderen Bezug zu Öster-reich nachweisen können, erhalten die ID Austria bei der jeweiligen Landespolizeidirektion. Im Ausland auf-hältige Österreicherinnen und Österreicher können sie bei den zuständigen Vertretungsbehörden (Botschaften, Konsulate) beantragen.

FUNKTIONEN IN VOLLEM UMFANG

Derzeit befindet sich der neue digitale Identitätsnachweis noch im Pilotstadium und ist vorerst nur im Ausmaß der Handy-Signatur-Anwendungen verfügbar. Die Testphase endet jedoch mit 31. Oktober 2022. Danach soll die ID Austria allen Bürgerinnen und Bürgern in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Sämtliche bisherigen Anwendungen der Handy-Signatur werden automatisch auf die ID Austria umgestellt.

Von Marion Pertschy

Durch die App „Digitales Amt“ haben Bürgerinnen und Bürger alle notwendigen Informationen zu Themen der österreichischen Verwaltung rund um die Uhr griffbereit. Die Basis dafür bildet die Website oesterreich.gv.at, die sämtliche behördlichen Dienste und Bürgerservices vereint.

Der langersehnte Urlaub steht vor der Tür, doch der Reisepass ist beinahe abgelaufen. Bald wird gewählt, es fehlt jedoch die Zeit, eine Wahlkarte zu beantragen. Und die offiziellen Wohnsitzänderung nimmt einfach nur unnötig viel Zeit in Anspruch. Um all dies zu vereinfachen, ging am 19. März 2019 die App „Digitales Amt“ des damaligen Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) online.

Smartphones sind als ständige Begleiter aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. In Österreich liegt ihre Marktdurchdringung bei über 90 Prozent. Es war also naheliegend, mit einer App auf dem Smartphone auch Behördengänge und das Bürgerservice flächendeckend auf eine digitale und mobile Ebene zu heben, sodass die Basis-Website oesterreich.gv.at über das Smartphone genutzt werden kann.

HILFREICHE FUNKTIONEN UND SERVICES 

Laut Zahlen des Finanzministeriums verzeichnet Österreich jährlich 800.000 Wohnsitzänderungen, in Wahljahren etwa ebenso viele Wahlkartenanträge sowie 80.000 Geburten. Die im Vorfeld des App-Launches 2018 von der Unternehmensberatungsfirma EY durch geführte Studie „Smart Country Österreich“ sowie drei Bürgerkonferenzen machten den Wunsch in der Bevölkerung deutlich, entsprechende Behördenwege online erledigen zu können.

Im Jahr 2021 zählten die Website oesterreich.gv.at und die App „Digitales Amt“ 54,7 Millionen Besucherinnen und Besucher. Heute nutzen monatlich rund drei Millionen Menschen die App. Und das mit gutem Grund: Neben dem Aus von ausgewählten physischen Amtswegen inklusive Wartezeiten stellt die zeitlich und örtlich uneingeschränkte Nutzung der App via Smartphone einen erheblichen Vorteil für Bürgerinnen und Bürger dar. Ursprünglich war eine gültige Handy-Signatur als digitaler Schlüssel für die Anmeldung notwendig. Seit Mitte Juli 2022 können sich Userinnen und User über die neue ID Austria anmelden. Wurde die digitale Identität bei einer behördlichen Stelle aktiviert, können mit der App etwa offizielle Schreiben über den Postkorb abgerufen und digital unterzeichnet werden. Dadurch ersparen sich Userinnen und User auch für die Beantragung einer Wahlkarte oder die An- und Abmeldung des Hauptwohnsitzes den Weg zur Meldebehörde. Und das Angebot der Amtsservices wird laufend erweitert.

In Planung ist zum Beispiel die Integration zusätzlicher Meldewesenfunktionen (Nebenwohnsitz, Umzug ins Ausland) sowie eines Online-Führerscheins und -Zulassungsscheins. Mithilfe einer plattformübergreifenden Suche, die unter anderem das Rechtsinformationssystem (RIS), die österreichische Datenbank data.gv.at und das Unternehmensserviceportal (USP) inkludiert, erleichtert die Smartphone-App zudem die Informationsbeschaffung zu rund 200 Lebenslagen und für die Bevölkerung relevanten Verwaltungsthemen. Single-Sign-on Verbindungen ermöglichen den Zugang zu weiteren Portalen wie JustizOnline, zur App FinanzOnline [+] und Anwendungen wie der Online-Diebstahlsanzeige. Darüber hinaus beantwortet der Chatbot Mona administrative Fragen, Neuigkeiten kommen per Push-Mitteilung und ein Erinnerungsservice meldet Userinnen und Usern, wenn es Zeit für die Beantragung eines neuen Reisepasses ist.

BIOMETRISCHE IDENTIFIZIERUNGEN NÖTIG

Die App „Digitales Amt“ kann für iOS und Android in den jeweiligen App-Stores kostenfrei heruntergeladen werden. Aus Sicherheitsgründen sind für ihre Aktivierung bei iOS eine Touch- oder Face-ID so wie ein Betriebssystem der Version 11 oder höher notwendig. Android-Smartphones müssen die biometrische Authentifizierungssoftware Android BiometricPrompt API und zumindest die Betriebssystem version 10 unterstützen. Nach Anmeldung über ID Austria sind alle Services der App uneingeschränkt verfügbar.

Was ist oesterreich.gv.at?

Oesterreich.gv.at soll als behördenübergreifende Plattform das Leben aller Menschen in Österreich vereinfachen, indem Fragen zu konkreten Lebenssituationen wie einer Geburt oder der Wohnsitzänderung auf der Website im Vordergrund stehen. Gleichzeitig soll gewährleistet werden, dass Österreich auch in Zeiten voranschreitender Digita-lisierung ein konkurrenz-fähiger Wirtschaftsstandort bleibt. Die Entwicklung des „mGovernment“ (Mobile Government mit oesterreich.gv.at und der App „Digitales Amt“) spielt dabei eine zentrale Rolle.

Foto: Franziska Lieh

Interview: Kim Kopacka

So sieht das Amt der Zukunft aus. Es gibt Dinge, die muss man tun, auch wenn sie keinen Spaß machen. Hausarbeit zählt dazu, aber auch Zahnarztbesuche oder lästige Behördenwege. Letztere sollen künftig erleichtert werden und sich vorwiegend in der digitalen statt in der physischen Welt abspielen – dank der App „Digitales Amt“.

Warum wurde die App „Digitales Amt“ entwickelt?
Die grundsätzliche Idee hinter diesem neuen digitalen Amtsservice ist, dass man in Österreich zukünftig per Smartphone Dinge erledigen kann, die man vorher physisch machen musste, indem man zu einer Behörde ging, um etwa einen Wohnsitzwechsel bekanntzugeben oder eine Wahlkarte zu beantragen.

Was muss man können, um die App „Digitales Amt“ zu nutzen?
Die App ist relativ unkompliziert und selbsterklärend. Man kann sie jederzeit herunterladen, sich aktuell zum Beispiel mit der Handysignatur anmelden und die App dann sofort nutzen, um etwa digitale Verträge zu unterschreiben. Man braucht also keine Angst zu haben, dass man viel lernen muss, um sie nutzen zu können, aber man sollte schon eine halbe Stunde investieren, um sich einzulesen.

Man muss sich also bewusst damit auseinandersetzen?
Genau, es ist der Wunsch vieler, dass man die App startet und alles funktioniert automatisch. Das hat jedoch nichts mit der Realität zu tun, speziell wenn es um Amtswege geht. Die sind eben ein bisschen komplizierter. Aber in der physischen Welt nimmt man sich auch die Zeit, um zum Amt zu gehen und zum Beispiel einen neuen Reisepass zu beantragen. Ähnlich kann man das beim „Digitalen Amt“ sehen. Auch da sollte man etwas Zeit einplanen, um sich mit der App vertraut zu machen. Wenn man sich aber eingearbeitet hat, ist sie durchaus ein Gewinn. Man spart zum Beispiel Geld, weil die Gebühren für Behördenwege reduziert oder ganz erlassen werden. Und man gewinnt Zeit. Denn wenn ich mich einmal eingelesen habe und zum Beispiel weiß, wie ich einen Wohnsitzwechsel beantrage, kann ich das zukünftig mit zwei Klicks machen.

Ergeben sich durch die App Nachteile für Bürgerinnen und Bürger?
Der größte Nachteil ist, dass manche Personengruppen ausgeschlossen werden. Das heißt, wenn ich kein Smartphone besitze oder mit solchen Themen nicht vertraut bin, ist es ein durchaus komplexer Vorgang, wie ich zu dieser App komme und sie dann auch nutze. Da gibt es schon ein bisschen Lernbedarf – und vor allem Lehrbedarf. Das bedeutet, dass man jene Personengruppen abholen muss, die möglicherweise Unterstützung benötigen.

Wie kann man diese Personengruppen unterstützen?

Es heißt ja oft, dass sich speziell ältere Generationen mit solchen Apps schwertun. Das ist ein bisschen die Gefahr, dass man dabei sofort eine bestimmte Zielgruppe im Kopf hat, wie zum Beispiel Personen in der nachberuflichen Lebensphase. Das stimmt aber oft nicht mehr. Man unterschätzt, wie digitalaffin viele von ihnen sind. Tatsächlich betrifft es alle Personenschichten in ganz Österreich.

Das fängt bei jungen Erwachsenen an und hört dann eben bei den Seniorinnen und Senioren auf. Deshalb ist es wichtig, gesamtgesellschaftlich hinzuschauen. Es gibt zum Beispiel für Personen in der nachberuflichen Lebensphase Weiterbildungsangebote und Plattformen wie www.digitaleseniorinnen.at, über die man erfährt, wo man Trainerinnen und Trainer findet oder wie man zu gut aufbereiteten Informationen kommt. Aber auch die Arbeiterkammern bieten regelmäßig kostenlose Webinare zu diversen Digitalthemen an. Auf www.oesterreich.gv.at/id-austria gibt es eine Schritt-für Schritt-Anleitung, wie man sich bei der App „Digitales Amt“ mit der ID Austria anmeldet.

Welche Herausforderungen bringt die digitale Welt noch mit sich?
Eine der größten Herausforderungen ist, aus Sicht der Behörde betrachtet, dass man die Menschen dazu motiviert, die App zu nutzen, und dass man gut vorbereitet ist. Denn sobald man diese App präsentiert, muss sie auch funktionieren, weil die Frustrationsgrenze vieler Menschen vor allem in der jetzigen Zeit sehr niedrig ist. Wenn es nicht gleich beim ersten Mal klappt, habe ich möglicherweise noch eine zweite Chance, wahrscheinlich habe ich aber schon einen Großteil der Leute verloren. Umgekehrt gilt aber auch der Appell an alle, die die App nutzen möchten, nicht zu erwarten, dass alles sofort zu 100 Prozent funktioniert.

Das wäre unfair gegenüber jedem, der so etwas programmiert. Man sollte sich stattdessen mit der App auseinandersetzen und sich sagen: Wenn es nicht funktioniert, werfe ich das Handy nicht gleich aus dem Fenster, sondern lege es vielleicht kurz weg und probiere es am nächsten Tag noch einmal. Und wenn es dann nicht klappt, weiß ich, an welche Informationsstellen, von denen es in Zukunft bestimmt einige geben wird, ich mich wenden kann.

Was ist in näherer Zukunft noch zu erwarten?
Die größte Entwicklung wird bestimmt die ID Austria sein, die mit der App „Digitales Amt“ einhergeht. Sie ist eine Weiterentwicklung von Bürgerkarte und Handysignatur und wird es Menschen ermöglichen, sich digital zu identifizieren – und das in ganz Europa. In fünf bis zehn Jahren werden wir vielleicht nur noch unser Smartphone einpacken müssen, wenn wir reisen. Denn dann ist möglicherweise auch unser Reisepass darauf gespeichert. Das hat natürlich Vor- und Nachteile, ganz klar, darüber kann man diskutieren. Ich sehe aber einen großen Vorteil darin, dass man die Möglichkeit hat, sehr viel über das Smartphone zu machen, und dieses sozusagen in den Mittelpunkt seiner digitalen Identität stellt. Man hat ja am Grünen Pass bereits gesehen, dass der Datenaustausch innerhalb Europas funktioniert.

In Zukunft wird sich also noch viel mehr in der digitalen Welt abspielen. Was braucht es, um sich darin
sicher bewegen zu können?
Es wird wichtig sein, das Smartphone wie eine Brieftasche zu bewerten und dementsprechend abzusichern. Wenn ich zum Beispiel aktuell eine PIN habe, die 1111 lautet, dann wäre es jetzt an der Zeit, mir eine sicherere PIN zu überlegen beziehungsweise die Gesichtserkennung oder den Fingerprint zu aktivieren.

Verlieren sollte man das Smartphone künftig also nicht, oder?

Das stimmt, und die Frage, wie wir damit umgehen, dass alles auf einem Smartphone gespeichert ist, wird uns begleiten. Man wird sich Gedanken darüber machen müssen, ob man die Möglichkeit eines (Offine-)Backups hat oder wie man zu Daten kommt, wenn man sein Smartphone nicht mithat, aber das wäre einen eigenen Artikel wert.

Foto: Franziska Lieh